Ladies and Gentlemen, es ist Zeit für den ersten Gastbeitrag an der Kasse4: Die wunderbare Nina Hundhausen hat ihren Blog Dogville für einen Beitrag verlassen und schreibt an der Kasse4 über die Kölner Kultkneipe Underground. Enjoy – und danke, danke, danke nach Köln!
Das Underground war während meiner Oberstufenzeit mein zweites Wohnzimmer. Manchmal war ich – so wie anscheinend halb Köln – zwei bis drei Mal in der Woche dort, samstags immer. Meistens übernachtete ich bei Freunden in der Stadt. Im Sommer fuhr ich die 15 Kilometer aber auch mal mit dem Rad nach Hause. Montag und Mittwoch waren die begehrtesten Underground-Abende. Im Sommer war der Biergarten so voll, dass man ihn kaum durchqueren konnte.
Samstags stand ich meist in der DJ-Kabine, mit dem DJ war ich befreundet. Wir machten uns mit den anderen „Kabinenhockern“ über die typischen Musikwünsche und Tanzstile des studentischen Publikums lustig und fanden uns ungeheuer cool. Dabei bekam ich meine Musikwünsche auch immer erfüllt und ob ich mich mit 19 durch einen besonders souveränen Tanzstil ausgezeichnet habe, weiß ich auch nicht – zumal ich mir immer Bullet with Butterfly Wings wünschte, ein Lied, das ich zwar heute immer noch gern höre (auch wenn sich mein Musikgeschmack sonst vom Underground-Sound ganz schön wegbewegt hat), zu dem man aber nicht gerade gut tanzen kann.
Das Underground hatte eine schöne Verlässlichkeit. Man traf immer die gleichen Leute, hörte immer die gleiche Musik oder saß bei gutem Wetter im Biergarten. Oft gab es spannende Konzerte, für die meist mein Geld nicht reichte. Die Bands, die dort auftraten, blieben nicht selten danach für ein paar Kölsch. Einen bleibenden Eindruck haben Eskimos & Egypt bei mir hinterlassen – sehr nette Engländer, mit denen ich den restlichen Abend verbrachte. Ich habe dann noch eine Zeit lang darauf gewartet, dass sie groß rauskommen. Stattdessen haben sie sich aber aufgelöst …
Eine andere englische Band war nach ihrem Auftritt anscheinend so betrunken (oder stand unter dem Einfluss anderer Drogen), dass sie es als besonders witzig empfanden, ihre Penisse die halbe Nacht aus der Hose hängen zu lassen. Erfolg beim weiblichen Geschlecht hat ihnen das allerdings nicht eingebracht.
Auch wenn das Underground längst nicht mehr der Nabel des Kölner Nachtlebens ist. Es war (und ist) eine Kölner Institution. Viele Leute, die, wie ich, aus Köln kommen oder Mitte/Ende der 90er-Jahre hier studiert haben, haben viel Freizeit dort zugebracht. Selbst diejenigen, für die das Underground nichts war (zu dreckig, zu abgerockt, zu voll, zu laut …), kannten es. Wer einen Trip in die Vergangenheit erleben möchte, findet ihn dort: Es läuft immer noch die gleiche Musik, die Leute sehen teilweise sogar gleich aus, es riecht immer noch so wie früher und die Einrichtung hat sich auch kaum verändert. Zumindest war das so, als ich vor ein paar Jahren das letzte Mal dort ein Bier getrunken hab.
Seit ich es kenne, sollte das Underground schon etliche Male schließen, vor dem Ruin stehen, Pleite sein oder abgerissen werden. Es steht noch immer. Das soll sich aber wohl ändern, wenn die Pläne für das Heliosgelände Ehrenfeld, auf dem auch das Underground steht, in die Tat umgesetzt werden. Das gesamte Gelände soll zu einer riesigen Konsum- und Business-Zone werden, Einkaufszentrum inklusive. Dabei ist ein Einkaufszentrum das letzte, was ein buntes Veedel wie Ehrenfeld braucht. Dass ein Einkaufszentrum auf dem Heliosgelände nur konsequent wäre, wenn man bedenkt, dass dort einmal Deutschlands erster Supermarkt eröffnet wurde, macht die Sache auch nicht besser. Konsumtempel hat Köln nämlich mittlerweile genug. Und ohne „Underground-Kultur“ (die man ab und an auch im Underground findet) wäre ein Stadtteil wie Ehrenfeld nicht zu dem geworden, was es jetzt.
Wenn das Underground tatsächlich abgerissen wird, geht in Köln eine Ära zu Ende. Nina von Hundhausen
Am Rande: Die Kasse4 hat auch schon mal am Rande über das Underground und im speziellen über die Tonträgerbranche in Köln gebloggt und sich auf Dogville mit einem Gastbeitrag zum Thema Fußball revanchiert.
Die Kasse4 hatte für den Blogwichtel-Gastbeitrag die Wahl zwischen
A) Geschichte(n) aus Dockville
B) Von Hamburg nach München …
C) Fußball
Nina von Dogville bekam dafür folgende Themen zur Auswahl:
A) Sie ist das Mädchen – von Kasse4
B) Underground
C) Radio-Aktivität
Für die Kasse4 kam zunächst nur Fußball in Frage, das Thema „Von Hamburg nach München“ ist aufgeschoben und könnte später kommen.