Die Antwort auf die in der Überschrift gestellten Frage ist an sich simpel: Er ist Personalchef der Redaktion, oberster Entscheider über die Inhalt in seinem Medium, letzte Instanz bei der Beurteilung der zum Abdruck vorgesehenen Texte, Ansprechpartner der für die Produktion seines Mediums Verantwortlichen, Repräsentant der Redaktion im Verlag und nach außen.
Sicher haben wir hier noch einige Aufgaben vergessen, doch die spannendste Frage, die sich aktuell stellt, ist: Gehört die Entwicklung und Gewährleistung eines funktionierenden Geschäftsmodells ebenso dazu? Diese Frage bewegt die Medienseiten der „Süddeutschen Zeitung“ und der „FAZ“ seit der Ankündigung, dass die beiden Chefredakteure des „Spiegel“, Georg Mascolo und Mathias Müller von Blumencron, ihre Posten räumen müssen.
Michael Hanfeld fragt in seinem exzellenten Beitrag („Erst das Gerücht, dann der Vollzug?“) in der „FAZ“ vom 09.04.13 aber nicht nur, ob die Verantwortlichen des Rauswurfs guten Stil bewiesen hätten, sondern kommentiert medienübergreifend:
„Es ist ein Zeichen der Ratlosigkeit, das nicht nur beim „Spiegel“ herrscht, sondern in der ganzen Branche. Denn diese muss nach dem Maßstab fragen, an dem die Qualität journalistischer Arbeit zu messen ist, und für den Wert geistiger Arbeit eintreten, der in der digitalen Ökonomie in Frage gestellt wird – von Internetkonzernen, die mit den Inhalten anderer Geld verdienen, und von oberschlauen Kommentatoren, die Journalisten und Verlagen permanent vorhalten, sie hätten für das Online-Zeitalter immer noch nicht das passende Geschäftsmodell gefunden. Das freilich bislang niemand entdeckt hat, der nicht heimlich oder offen von zu Monopolisten avancierten Online-Konzernen querfinanziert oder durch Rundfunkgebühren alimentiert wird“.
Der Autor kommt zu dem Schluss, dass auf den Nachfolgern der beiden „Spiegel“-Chefredakteure nun eine schwere Hypothek laste:
„Sie lautet: Im Zweifel ist der Journalist nicht nur verantwortlich für sein eigenes Metier, sondern für sämtliche Fragen, auf die alle anderen keine Antwort haben“
Das mag pointiert wirken, wirft aber den Blick auf die ebenso spannende Frage, warum es gottgegeben scheint oder sein muss, dass viele Verlage den schwarzen Peter blitzschnell an die Redaktion abgeben, wenn die Geschäftszahlen in unerwünschte Regionen gleiten. Denn die Qualität der journalistischen Arbeit eines Chefredakteurs – sofern er sich als solcher versteht – wird das Ringen um Fragen, mit denen sich offenkundig Mascolo und Müller von Blumencron beschäftigen mussten, nicht verbessern.