Nina aus Dogville hatte die großartige Idee, Max Frisch Ehre zu erweisen (anlässlich seines 100. Geburtstags) und einen seiner berühmten Fragebogen auszufüllen. Die Kasse4 macht das nun nach und hofft auf weitere Nachahmer …
Anzumerken ist vorab lediglich, dass Max Frisch ein Genie war und einer unserer meistbewunderten Schriftsteller ever. Der vorliegende Fragebogen entstand 1972. Sperrig und vielleicht ein wenig hölzern, aber wie immer gnadenlos direkt.
Als Nachmacher wünscht sich die Kasse4 zum Beispiel Fräulein Schlau-Schlau oder die schicke Kritik. Auf geht’s!
1. (und 2.) Sind Sie sicher, daß Sie die Erhaltung des Menschengeschlechts, wenn Sie und alle Ihre Bekannten nicht mehr sind, wirklich interessiert? Warum?
Ja, denn ich glaube an das Gute im Menschen und vielmehr noch an seine Fähigkeit, gemeinsam die richtigen Antworten für ein Leben in Zukunft zu finden. Es gibt keinen Grund, der gegen den Erhalt des Menschengeschlechts spricht.
3. Wieviele Kinder von Ihnen sind nicht zur Welt gekommen durch Ihren Willen?
Der Sinn der Frage erschließt sich mir nicht.
4. Wem wären Sie lieber nie begegnet?
Die profanste Antwort ist diejenige, die sich mir sofort aufdrängt: Einem Dämon, vielleicht sogar dem Teufel in Menschengestalt.
5. Wissen Sie sich einer Person gegenüber, die nicht davon zu wissen braucht, Ihrerseits im Unrecht und hassen Sie eher sich selbst oder die Person dafür?
Ja. Und ich verabscheue mich dafür. Die Person nicht, warum auch?
6. Möchten Sie das absolute Gedächtnis?
Nein, es ist bereits jetzt schwierig genug für mich, zu vergessen – was in vielen Fällen die einzige Chance auf Heilung war und ist und noch sein wird.
7. Wie heißt der Politiker, dessen Tod durch Krankheit, Verkehrsunfall usw. Sie mit Hoffnung erfüllen könnte? Oder halten Sie keinen für unersetzbar?
Kein Politiker hat genügend Macht, um durch Ihren Missbrauch sich selbst quasi zum Tode zu verurteilen oder andere dazu zu ermutigen, ihn zu töten. Haiders Abgang war dennoch kein Grund zur Trauer für mich.
8. Wen, der tot ist, möchten Sie wiedersehen?
Zwei Engel und deren Verwandete.
9. Wen hingegen nicht?
Diejenigen werde ich nicht wiedersehen, es sei denn, bei einem Bier in der Hölle. Entweder als Tourist oder als Stammpersonal.
10. Hätten Sie lieber einer anderen Nation (Kultur) angehört und welcher?
Ja, und zwar einer, die übers Land fährt und die in ihrem Liedgut so unendlich viel Gefühl und Kraft hat.
11. Wie alt möchten Sie werden?
Hierin gibt es keinen Raum für Wünsche.
12. Wenn Sie Macht hätten zu befehlen, was Ihnen heute richtig scheint, würden Sie es befehlen, gegen den Widerspruch der Mehrheit? Ja oder Nein.
Ja, aber sicher.
13. Warum nicht, wenn es Ihnen richtig scheint?
Eben, ich würde die Entscheidung nur treffen, wenn ich mir sicher wäre.
14. Hassen Sie leichter ein Kollektiv oder eine bestimmte Person und hassen Sie lieber allein oder im Kollektiv?
Ich hasse sowohl gern Kollektive als auch bestimmte Personen und hasse lieber allein, es kann ggf. ja doch niemand in der Intensität nachvollziehen, wie ich es ggf. dann tue. Oder es mir ausreden.
15. Wann haben Sie aufgehört zu meinen, daß Sie klüger werden oder meinen Sie’s noch? Angabe des Alters.
Ich habe mich seit jeher für klug gehalten und werde dies noch steigern können.
16. Überzeugt Sie Ihre Selbstkritik?
Ja, manchmal sogar zu sehr.
17. Was, meinen Sie, nimmt man Ihnen übel und was nehmen Sie selbst übel, und wenn es nicht dieselbe Sache ist: wofür bitten Sie eher um Verzeihung?
Arroganz auf der einen Seite, mangelnde Perfektion auf der anderen. Für letzteres bitte ich lieber um Verzeihung.
18. Wenn Sie sich beiläufig vorstellen, Sie wären nicht geboren worden: beunruhigt Sie diese Vorstellung?
Nicht im geringsten.
19. Wenn Sie an Verstorbene denken: wünschten Sie, daß der Verstorbenen zu Ihnen spricht, oder möchten Sie lieber dem Verstorbenen noch etwas sagen?
Ja, das wäre ein Herzenswunsch und ich denke dabei auch nicht an einen Monolog, sondern an einen Dialog.
20. Lieben Sie jemand?
Nicht nur jemand.
21. Und woraus schließen Sie das?
Das muss ich nicht aus etwas schließen.
22. Gesetzt den Fall, Sie haben nie einen Menschen umgebracht, wir erklären Sie es sich, daß es dazu nie gekommen ist?
Ich hatte Glück in den richtigen Momenten und ein großes Maß Feigheit.
23. Was fehlt Ihnen zum Glück?
Nichts, da es sowieso unerreichbar ist.
24. Wofür sind Sie dankbar?
Dass ich noch am Leben bin.
25. Möchten Sie lieber gestorben sein oder noch eine Zeit leben als gesundes Tier? Und als welches?
Dann lieber gestorben, das Leben als Tier erscheint mir nicht erstrebenswert.
Ja, ich finde auch, das sollten noch ganz viele machen. Zu blöd, dass wir nicht vorher drauf gekommen sind, sonst hätten wir eine nette Blogparade starten können.
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