Eine Kasse4 gibt es auch da, wo jeder Scan-Pieps wehtut: Live vor Ort dabei im Juryfinale des Eurovision Song Contest in Düsseldorf, wo es am Freitag einige Highlights gab, aber auch blankes und lähmendes Entsetzen. Lenas Konkurrenz ist diesmal zu stark, gewinnen wird der Beitrag aus Moldawien und unser Darling knapp in den Top-10 landen.Nachdem wir also das wesentliche bereits per Blog verkündet haben, hier die unwichtigen Notes zu den einzelnen Songs, in der Reihenfolge des Ablaufs des Finales:
Finnland – Der Kerl würde sich super bei Florian Hintereisen machen, er sieht ja auch so aus. Singen kann er ebenfalls nicht, womit wir die Überleitung zu Lena geschaffen hätten. Aber sein Bühnenbild ist amtlich, wer auf den „Trail of Stars“ der Walkabouts steht, wird eingangs des Songs verwöhnt. Wer es kitschig mag, danach.
Bosnien-Herzegowina – Schlimmer Song, hinzu kommt dass die Band scheisse aussieht. Das kann man nicht freundlicher sagen.
Dänemark – Zumindest lässt der Song einen Ansatz eines Refrains erkennen, aber der Typ, der ihn singt … Also, hm: Nachts am U-Bahnsteig würde man die Hände in die Füße nehmen, käme einem dieser Freak entgegen.
Litauen – So ein Beitrag ist weitaus günstiger zu realisieren als ein Einsatz der SEALS in Pakistan, hätte Osama aber auch ebenso tödlich getroffen. Drei Stunden Beschallung damit und man springt freiwillig vom Balkon.
Ungarn – Was die Kasse4 anfänglich für den Beitrag der Italiener gehalten hat – angesichts des dümmlichen Eurodisco-Beats und der abgehalfterten blonden Mama, die den Song singt – entpuppt sich als Beitrag aus Ungarn. Hätte Berlusconi gecastet, würde die Nummer mit Siegchancen ins Rennen gehen, Stichwort Bunga Bunga, so wird es nur für einen guten Platz reichen.
Irland – Die radioaktive Wolke von Tschernobyl ist offenkundig auch damals über Irland geflogen. Ohne Worte, und das aus dem Land von Bono Vox und Johnny Logan. Unbegreiflich. Heiße Kandidaten für das bescheuerste Outfit des Abends. ARD-Kommentator Peter Urban dazu: „Die Mutter dieser beiden hyperaktiven Flummis kann einem leid tun“. Nicht nur die.
Schweden – Saubere Performance, starker Refrain. Dümmlichkeitsfaktor vorhanden, kann man also gut gebrauchen für einen Wettbewerb wie diesen.
Estland – Die Sängerin der Band, eine Art Fergie für Arme, hat eine Stimme, die Schmerzen bereitet und wirkt wie Alice im Fantarausch. An „I Gotta Feeling“ lehnt sich der Beitrag sogar auch noch an. Ganz klares No Go, auch wenn Peter Urban das anders sieht.
Griechenland – Dieses Land muss wirklich ein Finanzproblem haben. Der mit Abstand schlechteste Beitrag.
Russland – Stampfende Rhythmen wie eh und je, der Rest ist überschaubar. Das reicht diesmal nicht.
Frankreich – ‚ermes Götterbeauté singt uns was im Stil von „Conquest For Paradise“. Das macht er ordentlich, dennoch kein Thema für eine gute Platzierung.
Italien – An sich hübsch gedacht und performt und mutig, da Jazz – der Song ist aber unter aller Kanone.
Schweiz – So schade! Sexy Sängerin, sexy Stimme, alles super – aber der Song taugt nichts.
England – Sehr geile Optik, tolle Performance, wuchtiger Song. Ein Highlight, allerdings eins im 90er Jahre Boybandstyle…
Moldawien – Der nächste Siegkandidat: Balkan-Pop meets Manu Chao meets 7 Zwerge meet Tom Gerhardt. Herrlich alberner Spaß, professionell in Szene gesetzt und catchy ist der Song auch noch. Ein Highlight!
Deutschland – Man hat das maximale an Lena rausgeholt, die Regie leistet brilliante Arbeit. Von den Stylisten mal ganz abgesehen. Nach drei Minuten denkt man wirklich, dass das Trampelchen verrucht und sexy ist. Das ist eine Leistung, die man nicht unterschätzen sollte. Anders geschminkt und andere Frisur – maximaler Abstand zum Siegerlenamädchen von 2010, um der Gefahr der Wiederholung zu entgehen. Der Song selbst wird gerade durch die beiden starken und aufpeitschenden Beiträge aus England und Moldawien leider untergehen.
Rumänien – Netter Ohrwurm, wird sich gut platzieren, da er keinem weh tut. In der Politik wäre dieser Beitrag eine Große Koalition.
Österreich – Der Alpenstaat tritt mit einer unschönen Kopie von Whitney Houston mit Mireille-Matthieu-Topffrisur an. Gar nicht toll.
Aserbeidschan – „Running Scared“: Der vielleicht beste Song des Abends, exzellent performt und groß inszeniert mit einer tollen Sängerin und einem tollen Sänger. Vielleicht zu gut für den Award, aber mit Sicherheit ein höchst bemerkenswertes Stück. Perfektes Stück für eine Band wie a-ha, by the way.
Slowenien – Siegkandidat, das Mädel ist jung und hübsch, das Bühnenbild atemberaubend und der Song gefällig und nett. Mehr braucht es nicht, perfekt!
Island – Ekelhaft, dagegen ist der Finne ein Rocker. Wer hat die Jungs nur aus der örtlichen Sparkasse geholt und gecastet?
Spanien – Naja, nicht Fisch, nicht Fleisch.
Ukraine – Blonde hübsche Sängerin, das Bühnenbild ist ein Traum und täuscht über den eher schwachen Song hinweg. Hätte die Güte mehr Silikon gelagert, wäre sie eine klare Siegkandidatin.
Serbien – Dummes Retrogenudel, braucht niemand.
Georgien – Der erste und einzige Rockbeitrag des Abends mit toller Show und viel Überzeugung. Sehr ordentlich! Go for it, Frau R. aus M.!
Fazit der Songs: Moldawien wird gewinnen, Siegchancen haben Schweden, England, Ukraine (wenn sich das eher modernere westliche Popverständnis durchsetzt), Ungarn, Georgien und Slowenien, wenn es nach dem osteuropäischen Geschmack geht.
Fazit zur Show: Engelke, Rakers und auch Raab (!) machen einen guten Job als Moderatoren, die Bühne ist ein Augenschmaus, die Stimmung in der Halle extatisch, die Effekte überrragend, der Sound klasse. Eine Show in der Qualität findet normalerweise nur in Amerika statt und wird für deutsche Produktionen auch noch länger den Maßstab setzen. Generell ist es erfreulich, dass der Qualitätstrend beim Eurovision Song Contest seit Jahren deutlich nach oben geht und in jeder Hinsicht professioneller wird. Nicht auszudenken, was da mal für ein toller Wettbewerb wird, wenn erst mal unsere Freunde aus Ägypten, Libyen, Marokko und so weiter teilnehmen, you’re welcome!
Und jetzt noch ein Extra-Tipp für alle Superchecker und Chefstyler: Ordentlich Bier trinken und gegen 23 Uhr den Fernseher einschalten. Dann ist das meiste vom Eurovision Song Contest vorbei und man nähert sich dem Showact des Abends. Und der heißt Jan Delay und der groovt und funkt so heftig, dass man danach erst mal wieder den Mund zuklappen muss. Performance auf US-Niveau, cool wie Drecksau, funky und fett. MUSS man gesehen haben.
UPDATE DANACH: Nachdem die Realität die Kasse4 eingeholt hat, muss man konstatieren, dass sich Lena achtbar aus der Affäre gezogen hat, der Sieger mit einem an westlichen Geschmäckern orientierten Song, aber einheimischen Interpreten gewonnen hat (auch das weist in die Zukunft) und der Award an sich wieder eine gute Zukunft vor sich hat. Und Deutschland den besten Kommentator aller Zeiten hat. Thanks, Peter!