Zehn Jahre nach der Station-Nightclub-Katastrophe kämpfen die Überlebenden und Hinterbliebenen der Toten um eine Gedenkstätte
Die Kasse4 hat in der Vergangenheit bereits über die Station-Nightclub-Katastrophe geschrieben, bei der 2003 während eines Konzerts der Band Great White 100 Menschen bei einem Brand verstarben. Um die Erinnerung wachzuhalten, …tun wir dies auch jetzt wieder. Wir erinnern zum zehnten Jahrestag an eine Katastrophe, wie sie sich jederzeit auch in Deutschland ereignen kann.
Das Konzert der Rockband Jack Russell’s Great White im The Station Nightclub in West Warwick (Bundesstaat Rhode Island, USA) am 20. Februar 2003 war an an sich unspektakulär: Eine abgehalfterte US-Band, ein paar hundert Zuschauer in einem der üblichen Drecksclubs. Nur mit dem Unterschied, dass nach der Show 100 Zuschauer tot waren – verbrannt, erstickt, zertrampelt. Zu Beginn des Songs „Desert Moon“ hatte Great Whites Tourmanager Dan Biechele die grandiose Idee, nicht für den Einsatz in geschlossenen Räumen zugelassene Hand-Pyros zu zünden. Die sprühenden Funken – Augenzeugen sprachen später von einem lächerlichen Effekt – entzündeten rasch Lärmschutzschaum an der Wand, dieser entzündete die Decke und schwupps brannte das Holzdach, der Club selbst war ebenfalls aus Holz erbaut. Aus die Maus, Massenpanik.
Biechele hatte beim Anzünden weder, wie gesetzlich vorgeschrieben, einen Feuerlöscher zur Hand für Notfälle, noch die Lizenz als Pyrotechniker. Sänger Jack Russell wird mit den Worten zitiert „Wow, this isn’t good“, sein Versuch, mit seiner Trinkflasche den Brand zu löschen, schlug fehl. Der Rest ist bekannt, als sich der Rauch verzog und der Brand gelöscht war, waren 100 Menschen tot. Und da diese Namen haben, sollen sie hier genannt werden:
Louis S. Alves
Kevin Anderson
Stacie Angers
Christopher Arruda
Eugene Avilez
Tina Ayer
Karla Bagtaz
Mary H. Baker
Thomas Barnett
Laureen Beauchaine
Steven T. Blom
William Christopher Bonardi, III
Kristine Carbone
Richard A. Cabral, Jr.
William W. Cartwright
Edward B. Corbett, III
Michael Cordier
Alfred Carmino Crisostomi
Robert Croteau
Lisa D’Andrea
Matthew P. Darby
Dina Ann DeMaio
Albert A. DiBonaventura
Christina DiRienzo
Kevin J. Dunn
Lori K. Durante
Edward Everett Ervanian
Thomas Fleming
Rachael K. Florio-DePietro
Mark A. Fontaine
Daniel Fredrickson
Michael Fresolo
James C. GahanMelvin Gerfin, Jr.
Laura L. Gillett
Charline E. Gingras-Fisk
Michael J. Gonsalves
James F. Gooden, Jr
Derek Gray
Pamela Gruttadauria
Skott C. Greene
Scott Griffith
Bonnie L. Hamelin
Jude Henault
Andrew Hoban
Abbie L. Hoisington
Michael Hoogasian
Sandy Hoogasian
Carlton “Bud” Howorth, III
Eric J. Hyer
Derek Brian Johnson
Lisa Kelly
Tracy F. King
Michael Joseph Kulz
Keith LaPierre
Dale L. Latulippe
Stephen M. Libera
John M. Longiaru
Ty Longley
Andrea Mancini
Steven Mancini
Keith A. Mancini
Judith Manzo
Thomas Marion, Jr.
Jeffrey W. Martin
Tammy Mattera-Housa
Kristen McQuarrieThomas Medeiros
Samuel J. Miceli, Jr.
Donna M. Mitchell
Leigh Ann Moreau
Ryan M. Morin
Jason Morton
Beth Ellen MosczynskiKatherine O’Donnell
Nicholas O’NeillMatthew James Pickett
Carols L. Pimentel, Sr.
Christopher Prouty
Jeffrey Rader
Theresa Rakoski
Robert L. Reisner, IIIWalter Rich
Donald Roderiques
Tracey Romanoff
Joseph Rossi
Bridget Sanetti
Rebecca “Becky” Shaw
Mitchell C. Shubert
Dennis Smith
Victor Stark
Benjamin J. Suffoletto, Jr.
Linda Suffoletto
Shawn Patrick Sweet
Jason Sylvester
Sarah Jane Telgarsky
Kelly Vieira
Kevin R. Washburn
Everett “Tommy“ Woodmasnee. III
Robert D. Young
Biechele und Michael Derderian, einer der beiden Clubbesitzer, wurden zu 15 Jahren Haft wegen Totschlags verurteilt und mussten vier davon absitzen. Derderians Bruder kam mit zehn Jahren auf Bewährung davon. Das war’s dann auch. Der Sänger und Kopf der Band ging ohne Strafe davon, obwohl er, wie berichtet wurde, am Nachmittag vor der Show noch Freikarten verteilt hatte, um die Show zu füllen und natürlich auch über die Pyro Bescheid wusste und wer sie abbrennen sollte.
Spannend ist des weiteren, dass auch auf behördlicher Seite offenkundig kein Schuldiger gefunden werden konnte. Dass der Club, als er zwischendurch vom Restaurant zum Nachtclub umgewidmet wurde, eigentlich eine Sprinkleranlage hätte einbauen müssen, spielte keine Rolle. Ebenso wenig wie der Umstand, dass die Kapazität des Ladens zwischendurch von 258 auf 404 Besucher erhöht worden war. Vom gleichen „Fire Inspector“, den die Sache mit der Sprinkleranlage nicht störte. Ein Schelm, der nun Böses denkt.
Die Überlebenden versuchen indes, nachdem alle Prozesse geführt wurden und alle Versicherungen gezahlt haben, auf dem Gelände des Clubs eine Gedenkstätte zu errichten. Die dafür notwendige Summe (rund 1,5 Millionen Dollar) ist noch nicht beieinander, der Plan für den Memorial Park steht aber bereits (siehe Foto). Was man darauf sieht, sieht sehr schön aus – es wäre zu wünschen, dass das Geld bald zusammenkommt. Jack Russell hat dazu seinen Teil beigetragen – seine Benefizshow verkaufte 30 Tickets und generierte Einnahmen von rund 180 Dollar. Die Familien der Opfer hatten zuvor ihr Fernbleiben angekündigt, da sie nach eigenen Angaben bis heute auf eine Entschuldigung von Russell warten.
Kommen wir zu der Frage, was das ganze mit Deutschland zu tun hat. Zunächst einmal nichts, die Erkenntnis, dass die Beteiligung von mehreren Idioten an einem Projekt zur Katastrophe führen kann, ist nicht neu. Einen Idioten halten Systeme meist aus, werden es mehrere und kommt gegebenfalls auch noch Skrupellosigkeit dazu, ist die Gefahr der Eskalation groß. In Deutschland wissen die Behörden in der Regel ebenso wie die Clubbesitzer, was sie tun. Dennoch gibt es Nuancen, so gilt beispielsweise im Bundesland Berlin die bundesweit sonst übliche Bauverordnung Musterversammlungsstättenverordnung nicht. Und es gibt sie auch hier, die Idioten, die Notausgänge absperren oder mit Bierkisten zustellen. Und die Idioten unter den Konzertbesuchern. In vielen Clubs ist es leider also nur eine Frage der Zeit, bis schlimme Dinge passieren werden. Daher kann es nicht schaden, sich die Ereignisse vom 20. Februar 2003 immer wieder vor Augen zu führen.
– Mit Material des amerikanischen Fachmagazins „Pollstar“ –
Buchtipp: Killer Show: The Station Nightclub Fire, America’s Deadliest Rock Concert von John Barylick
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Ein Kommentar zu „Erinnerung an eine Höllennacht mit Great White“