CD-Regal schlägt Elbphilharmonie: Wir sind fertig!

Wie am 20. Januar erzählt, beschäftigt sich Hamburg zwar mit der Frage, ob die Elbphilharmonie nun 2012, 2013 oder 2014 oder gar nicht fertig wird (art-in-progress sozusagen), ich aber damit, wann meine CD-Regale endlich Buchstaben-Trenntafeln bekommen (siehe auch: „Endlich Ordnung im CD-Regal!“). Ohne Hochtief beauftragt zu haben, melde ich heute Schlüsselübergabe – zwei Fotokartons (50×70 cm), Lineal, Schere und Edding haben ausgereicht. Und für alle, die auch mit „Benno“ arbeiten: 15,2 cm Tiefe und 12 cm Höhe bringen das gewünschte Ergebnis. Nachdem ein Fotokarton-Bogen eine Fläche von 350 Quadratcentimetern hat und eine Buchstabenpappe rund 18, passen auf einen Karton 19 Pappen (oder so). Übrigens: Bei nachvollziehbareren 15 cm Tiefe schließen die Tafeln nicht mit der Regalkante ab :). Bastelanleitung </off>. m.

Die heutige Playlist

Madleine Peyroux – Bare Bones (VÖ: 06.03.2009). Was für eine Stimme! Was für ein tolles Album! „River Of Tears“ ist ein Album von einem Song, beseelter Jazzpop der Extraklasse. Wirkt nach, sehr lange. m.

Sind wir mit Musik übersättigt?

Die Frage ist spannend und stellt sich nicht nur mir des öfteren: Was bewirken MP3-Player-Flut, Dauerberieselung durch Radio (die TV-Sender sind ja weggefallen mittlerweile) und die zunehmende Kommerzialisierung beziehungsweise Instrumentalisierung der Musik (durch Markenartikler etc.)? Werden wir musikmüde?

Edo Reents, einst bei „SZ“, später bei der „FAZ“ für Popmusik verantwortlich und mittlerweile in der Literaturedaktion letzterer beheimatet, hat am Wochenende in der „F.A.S.“ einen spannenden Leitkommentar veröffentlicht (Link siehe unten), Unter dem Titel „Besinnungslos musikalisch“ wird Reents deutlich: „Die Übersättigung mit Musik verursacht irgendwann, wenn die Nerven überreizt sind, Abstumpfung, Geringschätzung oder Widerwillen, gar Ekel. Am Ende bleibt nur ein Gefühl der Leere – Reaktionen, die ursprünglich der Popmusik von denen entgegengebracht wurden, die sie nicht mochten und lieber Klassik, Jazz oder Volksmusik hörten“. Oder, an anderer Stelle: „Musik ist gewöhnlich geworden“.

Was ist davon zu halten? Nun, ich selbst kenne diese Übersättigung an Musik nur in Zusammenhang mit schlechter Musik, wenn ich beispielsweise nach dem Durchhören von zehn Promo-CDs das Gefühl habe, dringend meine Nerven zu beruhigen und meine Ohren desinifizieren zu müssen. Oder wenn im Radio nur Müll läuft, und zwar auf 20 Stationen. Aber sonst? Ich vertrete eher den Standpunkt, dass Musik heute nicht mehr in dem Maße wie früher identitätsstiftend ist, sondern allgemein in der Wertschätzung der Leute an Boden verloren hat. Es ist einfach nicht mehr wichtig, wie die neue Platte von Grönemeyer oder Tocotronic klingt für die Leute da draußen. Für die Elfenbeinturmler meiner Zunft ja, aber da draußen? Was bedeutet es, wenn Universal mit Riesenstolz verkündet, dass Rosenstolz eine Million Alben verkauft hat? Nicht mehr als dass rund 79 Millionen andere Deutsche KEIN Album von Rosenstolz haben und dass unter 100 Leuten auf der Straße knapp zwei die CD haben. Doch dazu später noch mehr, ist hier nur sehr verkürzt dargestellt. Insofern: Einverstanden, Herr Reents.

Womit ich dagegen nicht klarkomme, ist die Argumentation, dass zum einen Hardware wie das iPhone durch seine pure Existenz als Abspielmöglichkeit für Musik der Entwertung der Musik Vorschub leistet. Dies ist meinen Augen so logisch als wenn ein Veröffentlichungsverbot für alle Nicht-Vinyl-Tonträger eine Ära der kritischen und genußvollen Auseinandersetzung mit Musik einläuten würde. Die Hardware wird von Menschen bedient, meine ich. Von Dummen, Schlauen, Genießern und Schweinen. Diese und wie sie die Hardware verändern, ist entscheidend – aber nicht die pure Existenz einer Abspielmöglichkeit wie dem iPhone.

Des weiteren macht der Kommentator Downloadstores als Initatoren einer Empfehlungsdiktatur aus: Die alte Musikindsutrie habe noch Distanz und Distinktion ermöglicht (in meinen Augen gibt es keine zehn Chefs von Plattenfirmen in Deutschland, die letzteres Fremdwort kennen und ersteres praktizieren). Die neue führe dagegen zur Gängelung, da jeder „Knopfdruck am Computer oder iPhone (da isses wieder, das böse iPhone! Anm. ms) Empfehlungen nach sich zieht, die an die Stelle der Musikkritik und des Gesprächs im Plattenladen treten“. Sorry, Herr Reents, aber das klingt mir zu sehr nach der Leier des früher-war-alles-besser. Böses Internet und so, macht die Leute dumm und einsam. Im Fazit aber ein klasse Kommentar, der zur richtigen Zeit kommt! m.

Zum Leitkommentar in der F.A.S. vom 24.01.10: „Besinnungslos musikalisch“

Playlist von heute:

Var. Artists – Final Song #1 (VÖ: 06.02.2009). Wer wissen will. welche Musik DJ Hell, Laurent Garnier oder David Holmes mal hören wollen, wenn sie unter der Erde und vor dem Sarg hoffentlich ein paar Leute stehen werden, braucht diese CD. Allen anderen verrate ich hiermit: So spannend ist das nicht, was die hören wollen. Nette morbide Idee, aber kein Must-Have.

Nat King Cole – Re: Generations (VÖ: 06.03.2009) Zu Ehren des Meisters nahmen sich tolle Leute wie Cee-Loo (Gnarls Barkley), Will.I.Am (Black Eyed Peas) und TV On The Radio seinen Songs an und remixten, bearbeiteten und interpretierten, was das Zeug hält. Sehr geile Idee, sehr hörenswert!

Gruselig: Die Websites von Vic Chesnutt

Um rauszufinden, wann ich das Vergnügen hatte, den wunderbaren Singer/Songwriter Vic Chesnutt in Deutschland live zu erleben, machte ich heute eine gruselige Entdeckung. Egal, in wievielen Fällen das genauso passiert, mich hat es berührt. Denn sowohl auf der Website des Künstlers, der sich Weihnachten 2009 leider das Leben nahm, als auch auf seinem Blog ist noch alles so, als wenn er noch leben würde. Und vielleicht nur in Urlaub wäre. Gespenstisch.

Auf www.vicchesnutt.com datiert der letzte Eintrag auf den 22. September, sein Blog wurde zuletzt Mitte August mit einer News befüllt (http://vicchesnutt.blogspot.com). Ich will hier nicht einen auf sentimental machen, aber es ist schade um einen wunderbaren Musiker, der etwas sehr sehr eigenes machte – auf Platte wie live. Und nehmt bitte die Sites off, irgendjemand muss sich doch drüm kümmern, oder? m.

P.S.: Es war der 10. Oktober 1998, Muffathalle, München. Als Support von Calexico oder Lambchop, das bring ich nicht mehr zusammen, aber noch raus. Irgendwann.

Klicken = Selbstbestimmung? Zaimoglu zweifelt!

Und wieder einer für das Stammbuch von allen Journalisten – gefunden in einem Interview von Schriftsteller Feridun Zaimoglu mit der F.A.S.. Wir lesen da:

Frage: Durchs Internet wären Sie in diesen Situationen selbstbestimmter.

Antwort: Ich habe nie an den modernistischen Hokuspokus von Selbstbestimmung geglaubt. Ich bin in dieser Hinsicht ein großer Skeptiker. Ich kann doch nicht von mehr Selbstbestimmung ausgehen, bloß, weil ich auf Tasten hacke und in Nullkommanichts ein Suchergebnis habe. Dass ich das nicht mache, ist sogar gut, weil, dann muss ich zum Bahnhof gehen – und das ist unbequem. Für einen Schriftsteller ist Bequemlichkeit Gift. Dann würde ich anfangen, Ältere-Herrschaften- und Fräuleinwunderstubenprosa zu schreiben.

Kampf der Fräuleinwunderstubenprosa! m.

Volltext (lesenswert!): http://www.faz.net/s/RubCEB3712D41B64C3094E31BDC1446D18E/Doc~E3F3806D401CE45098B5BDBAE8CC810CE~ATpl~Ecommon~Scontent.html

Die heutige Playlist:

Lily Electric – You’re In The Painting You Saw (VÖ: 17.04.2009). Schrecklich belanglos. Belanglos schrecklich. Indie-Rock mit melodiösem Überhang? Nein, motor.de. Wirklich nicht. Next one.

Soap & Skin – Livetune For Vacuum (VÖ: 13.03.2009). Wie gern hätt‘ ich mal wieder eine Band, die normale Albentitel bevorzugt. Aber egal: Geile Scheibe, sehr speziell, aber sehr sehr gut. Was uns da die junge Österreicherin Anja Plaschg entgegenwirft, ist heftiger Stoff, teilweise fast unerträglich düster und dunkel, aber doch faszinierend. Low-Fi-Minimalismus, solltet ihr mal ausprobieren. Werd‘ ich im Auge behalten und im Ohr.

Howling Bells – Radio Wars (VÖ: 27.02.2009). Grottenlangweiliger Indierock aus Australien. Ab dafür.

Cocoon – My Freinds All Died In A Plane Crash (VÖ: 13.03.2009). Hoffnungsstiftender Albentitel, auf dem Cover ist eine hübsche junge Frau, die ein Kätzchen küsst. Das Kätzchen ist auch hübsch. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen. Die Plattenfirma meint aber, Cocoon machen dunkle Pop-Balladen französischen Einschlags.

The Datuns – Headstunts (VÖ: 10.10.2008). Nicht mein Ding, rauscht durch den Player, ohne groß Spuren zu hinterlassen. Die Plattenfirma meint: Power-Pop aus Neuseeland, meisterhaft. Wenn sie meint …


Anuschka Zuckowski – Am Anfang der Zukunft (VÖ: 20.03.2009). Zum Schluß das Highlight – wunderbare Songwriter-Platte, hier ist Zynismus fehl am Platze. Denn Anuschka hat zwar einen bekannten Daddy, aber darf sie deswegen keine Musik machen? Ab und an in Richtung Schlager driftend, ist „Am Anfang der Zukunft“ ein intelligentes Popalbum mit überdurchschnittlich guten Texten und sehr, sehr gelungenen Melodien. Von Anuschka wird man noch mehr hören. Klasse!

Kristin Hersh reaktiviert Throwing Muses

Überraschung! Kristin Hersh, die einst als Sängerin der zu Recht legendären Throwing Muses berühmt geworden und dann als Singer/Songwriterin unterwegs war, will wieder mit den Muses segeln. Als ersten Vorgeschmack kann man sich derzeit den Song „Sunray Venus“ in einer Demoversion herunterladen. Kostenlos. Hier.

Zu „Sunray Venus“: Natürlich ist es immer (immer!) ein Erlebnis, Kristin Hersh singen zu hören und die Gänsehaut ist auch bei „Sunray Venus“ wieder zuverlässig zur Stelle. Aber – das war es dann auch schon. Demo-like ist die akustische Gitarre sehr schraddelig, fast könnte man sagen mit wenig Groove, aber zuviel Kraft geschlagen, das Songwriting ist kein ear-opener. Eher ein Beweis, dass es sie noch gibt als ein Beweis dessen, auf was wir uns freuen – und Geld geben sollen. Denn Frau Hersh mailt an ihre Fans: „If subscriptions continue at this rate, we’ll be able to pull it off.“

Was das bedeutet? Nun, Hersh ist seit längerem im CASH Music Projekt, das Musikern die Finanzierung ihrer Musik direkt über die Fans unter Ausschaltung einer Plattenfirma ermöglichen soll. Unabhängig und so, Kampf den Abzockern und den Teufeln der Recording Companies, man kennt diese Sprüche und hat sie so satt. Denn trotz des charmanten Ansatzes des Projekts ist diese Form der Finanzierung in meinen Augen auch nicht fundamental anders gelagert als ein klassischer Deal mit der Plattenfirma.

So kann man sich als Fan von Kristin Hersh oder jetzt den Throwing Muses für die Summe von 5000 Dollar eine namentliche Erwähnung als Executive Producer auf dem Booklet der kommenden Platte sichern. Klar, ohne in die Produktion reinreden zu können, aber ungeachtet des Umstands, ob man selbst in der Lage wäre, eine Platte zu produzieren oder doch lieber an Autos rumschraubt oder die Tür einer Discothek bewacht. Zusätzlich zum Executive-Producer-Feature ist in dem Paket noch neben Gästelistenplätzen für alle Konzerte von Frau Hersh auch ein Besuch im Studio garantiert (um die Aufnahmen zu überwachen) und weiterer Fan-Stuff.

Damit wir uns nicht falsch verstehen: Ich gönne der Künstlerin jeden Support und jeden Euro, den sie bekommt, denn sie ist großartig, eine der Größten sogar in meinen Augen. Aber Rock’n’Roll ist dennoch was anderes und definitiv NICHT, über CashMusic Credits als Executive Producer zu verchecken. Sorry & Good luck! m.

Nachtrag (26.01.2010): Um noch einen drauf zu setzen – seit wann ist die Realisierung eines musikalischen Projekts eine Frage der Zahl der Subscriptions? Sollte nicht zuerst der Wunsch vorhanden sein, mit seiner Musik etwas mitzuteilen? Kristin, das ist eine Sackgasse… m.

Annett Louisan lernt französisch

Neues von Annett Louisan: Wie das „Abendblatt“ berichtet, will Frau Louisan französisch lernen, „versprochen“. Denn sie liebt Französisch. Auf dem 2011 erscheinenden neuen Album werde dann vielleicht ein Song auf französisch gesungen: „Ich möchte gerne ein bisschen was Neues ausprobieren“. Stellt sich nur die Frage: Kann sie französisch oder will es erst lernen. Und: Erschreckt uns das oder sollten wir uns eher freuen? m.

Die heutige Playlist:

Sophie Hunger – Monday’s Ghost (VÖ 27.02.09). Was für eine tolle CD – die Schweizer Jazzsängerin lotet die Tiefen (und manchmal auch Untiefen) des Jazz, des Pop und des Singer/Songwritertum aus. Gesegnet mit einer grandiosen Stimme, schafft es Hunger, zu überraschen, hier ist nichts Nummer sicher, aber dennoch konsumierbar. Gut sogar. Toll, toll, toll. Norah Jones, geh spielen!

Was macht eigentlich Tanita Tikaram?

Irgendwie hänge ich beim Autofahren immer noch ab und an der Illusion nach, einen Sender zu erwischen, per Zufall, der fesselnde Musik präsentiert. Und obwohl das Angebot hier in Hamburg um einiges besser ist als das in München (Ausnahmen wie M94,5 bestätigen die Regel) ist mir das auch im hohen Norden noch nicht wiederfahren.

Was heute morgen im Ohr blieb war eine alte, sehr alte Nummer aus Tagen, von denen selbst ich schon behaupten kann, noch jung gewesen zu sein. Lange Rede, kurzer Sinn: Tanita Tikarams „Twist In My Sobriety, veröffentlicht im Jahr 1988.

Die Gedanken flogen zurück beim Hören und einmal mehr faszinierte mich Tikarams unfassbar kühl klingende Stimme.

Look my eyes are just holograms / look your love has drawn red from my hands / from my hands you know you’ll never be more than twist in my sobriety / more than twist in my sobriety more than twist in my sobriety

singt die Gute und man(n) stellt sich die Frage, wie Frau Tikaram in Echt sein mag. Auch so? Oder was sie jetzt macht? Ein kurzer Blick ins Web gibt die Antwort: „weiter Musik“, aber offensichtlich interessiert das nicht mehr allzu viele Leute.

Tikaram wird im Sommer 41 Jahre alt und mit etwas rechnen findet man dann auch raus, dass sie ihr (einziger) Hit bereits mit 19 Jahren ereilte. Nach dem Debütalbum „Ancient Heart“ erschienen bis 2005 sieben weitere Alben, der letzte Chartentry in Deutschland datiert ins Jahr 1995 zurück. Wie sich ihre Musik wohl nun anhört? Ihre hübsche Website (http://www.tanita-tikaram.com/) und ihr Blog verraten es sicherlich (http://tanitatikaramblog.blogspot.com/). Letzterer übrigens derzeit mit einem staunenswerten Video – ein kleiner asiatischer Junge spielt „Twist In My Sobriety“ auf einer klassischen Gitarre nach. Aber wie! Morgen dann mehr aus der Reihe „Kinder! Musik! Kinder!“ und der Antwort auf die Frage, er das Bandkonzept der Söhne Mannheims erfand! Stay tuned! m.

Die heutige Playlist (mit zwei absoluten Krachern!)

Fort Knox Five – Radio Free DC (veröffentlicht am 31.10.08). Wie geil ist das denn? Super-funky-groovy-catchy Songs, ein Partyalbum, ein Winteralbum gegen Minusgrade-Blues, ein Allheilmittel für Kranke und Enttäuschte … HipHop meets Funk meets Jazz meets Soul. Hammer-Scheibe mit einem dicken Sack voll geiler Ideen. Man denkt an die Black Eyed Peas und liest danach (in dieser Reihenfolge), dass Fort Knox Five als Tour-DJs von den BEP und Gwen Stefani berühmt wurden. Dicker Tipp!

Sahara Hotnights – What If Leaving Is A Loving Thing (veröffentlicht am 05.09.08). Ich geb’s zu, ein sexistisch angehauchter Kommentar lag mir auf der Tastatur, aber was diese vier Schönheiten von sich geben, ist so cool, dass die Optik keine Rolle mehr spielt. Für alle, denen Mädchen-Rock ala Dover oder im Prinzip Hole gefällt, sind die Sahara Hotnights genau das richtige. Wunderbare Popnummern mit klasse Refrains und viel Ohrwurmpotenzial. Zweiter dicker Tipp heute, muss eine Art Glückstag sein!